Der Situationsbericht eines indischen Fischers vom 1. Januar 2005

Ein Fischer vom Ort Mela Manakudy an der Südspitze Indiens, erzählt am 1. Januar von seinen Erfahrungen.

Um ca. 10:20 sahen alle zu wie sich das Meer 2 km weit zurück zog und den Meeresgrund freilegte. Auch die Menschen aus den Dörfern liefen an den Strand um sich das Spektakel anzusehen. Wir sahen Felsen mit Algen. Die armen Fischerinnen sammelten die Muscheln und Fische die nun leicht zu erreichen waren. Sie erzählten auch von einem Tempel der durch die Ebbe freigelegt worden war. Ich beobachtete mindestens 200 Touristen und Einheimische, die von der Manakudy Estuary Brücke das Mysterium beobachteten. Wir sahen zu wie sich das Wasser langsam sammelte und zurückzog. Einer meiner Nachbarn ermahnte mich auf eine Anhöhe zu begeben aber ich lächelte nur, was sollte mir und meiner Gemeinde dieses arme Meer schon anhaben ! Während ich mich auf den Rückweg nach Hause machte, das sehr gut gelegen ca. 500m entfernt lag, drehte ich mich um und bekam einen flüchtigen Blick des Meeres das auf die Küste mit der Wut einer gigantischen Flutwelle rauschte, die unser gesamtes Dorf verschlingen würde. Im nächsten Moment wurde ich gegen die Betonmauern geworfen und fand mich auf dem Ast eines Baumes wieder von dem aus ich die zahllosen menschlichen Köpfe sehen konnte die im Wasser verschwanden und starben. Dann landete ich auf dem Dach eines zweistöckigen Hochhauses, alles dauerte weniger als eine Minute. In weniger als 10 Minuten zog sich das Meer wieder zurück, nahm alles mit sich und lies das Dorf in Trümmern zurück. Die Geschwindigkeit war vermutlich mehr als 200 km/h. Die Flutwelle zerschmetterte die Brücke und warf die Brückenpfeiler zur Seite. Ich dachte an die Menschen, die von dort aus dem Spektakel zugesehen hatten. Ich kletterte von dem Gebäude hinab und eilte nach Hause. Leider fand ich nur noch Reste davon vor und den toten Körper meiner Mutter. Ich habe meine Mutter verloren die lebende Erinnerung an eine Person wurde vor meinen eigenen Augen zerstört. Später erfuhr ich das meine Frau und meine Kinder in Sicherheit waren.

Mehr als 150 Bewohner meines Dorfes verloren ihr Leben. Es war unvorstellbar, dass eine riesige Brücke, 2 LKW, 2 Maruthi Autos und alle Menschen auf der Brücke von der Flutwelle weggespült wurden. Das Einzige, das mich heute erstaunt ist, dass mir Mutter Meer alles genommen hat, das sie uns geschenkt hat. Was gibt es da noch zu sagen, wen soll ich darum bitten den Schmerz in meinem Herzen zu heilen. In nur wenigen Minuten ist alles vorbei und wessen Sünde ist dies. Heute habe ich beschlossen mich darum zu kümmern das meine Kinder eine Ausbildung bekommen, die ihnen ermöglichen wird ein besseres Leben zu führen als von den Ressourcen des Meeres abhängig zu sein.

Die oben beschriebene Erzählung von der Flutkatastrophe durch einen Eingeborenen ist eine klare Botschaft an uns, dass wir ihnen wenigstens helfen sollten eine neu Perspektive zu finden, damit sie den Schock durch Mutter Natur überwinden können.

Die Südspitze Indiens – Tamil Nadu - ein von Trauer erfülltes Szenario

Kommentar:

Der Ort Kanyakumari ist eine sehr stark betroffene Region. Sie ist aber auch eine von der regionalen Verwaltung, aus unbekannten Gründen, vernachlässigte Region. Die meisten Orte in der seichten Küstenregion wurden von einer Serie von Nachbeben sowie 10 Meter hohen Wellen weggerissen. Das Dorf Mela Manakudy selbst ist am schlimmsten betroffen. Bisher wurden 210 Leichen geborgen und hunderte werden noch vermisst.

Die gesamten Todesopfer werden sich vermutlich auf 1000 belaufen und hinterlassen bei den Einheimischen eine traurige und lebendige Erinnerung an den Tsunami. Das Dorf ist vor allem auf Grund seiner geographischen und umweltbedingten Lage so schlimm betroffen .

Sowohl die Menschen als auch die Verwaltung haben keinerlei Erfahrungen mit Erdbeben, Tsunamis oder anderen Naturkatastrophen. Diese Naturkatastrophe lehrte eine Lektion durch das Leid, das sie verursachte. Die Welle riss mitsamt den ärmlichen Behausungen der Fischer fast alles mit sich und hinterließ einen Zustand der Ungewissheit in den betroffenen Familien. Obwohl die offiziellen Angaben nur von 826 Toten berichten, steigt diese Zahl angesichts der noch Vermissten täglich an.

HEAL ist eine führende Hilfsorganisation, die sich für den Umweltschutz der Küstenregionen und für Rechtshilfe seit mehr als 18 Jahren einsetzt. SAM mit einer Teilnehmerzahl von 48 NGOs ( Non Goverment Organisation ) im Kanyakumari District. Wir haben uns als Team von NGOs zusammengeschlossen die sich besonders um die Fischer Gemeinde kümmern und wir wollen ein Dorf mit verschiedenen Gemeinschaften von Unterdrückten, auf Grund der aktuellen Katastrophe, in unser Programm aufnehmen. HEAL hat sofort nach dem Tsunami Hilfsmassnahmen eingeleitet in den von der Killer-Wellen Invasion betroffenen Orten wie Kanyakumari, Keela Manakudi, Alikal, Pillaithoppu, Muttam, Kadiapattinam, Pudur und Kulatchal. HEAL hat am 26. und 27. Dezember sein gesamtes Unterstützungssystem zur Rettung eingesetzt. Während dessen bemühte sich HEAL mögliche Rettungsmaßnahmen einzuleiten. Nach unseren Schätzungen und Angaben
wurden 40000 Menschen in dem einzigen Rehabilitations- Kamp der katholischen Kirchen vor allem in Gemeindehallen untergebracht.

Die gesamte Bevölkerung der Küstenregion ist in großer Panik und der Kampf ums Überleben verhindert viele Überlegungen in Bezug auf den Umweltschutz. Die Fischer sollten von der Rückkehr der reichhaltigen Natur im Küstengebiet überzeugt werden und den anderen Gemeinden sollten bessere Technologien gezeigt werden, um ihre Abwässer zu entsorgen.

Wir haben das Sammeln von Reis und gebrauchter Kleidung eingeleitet um erste Hilfe zu leisten. Aber die erste Hilfe sollte auch weitere Nahrungsmittel, Decken, Kochutensilien, Moskitonetze, Waschutensilien, sanitäre Anlagen, medizinische Hilfe, Wasserreinigungstabletten und Trinkwasser beinhalten. Aus diesem Grund organisierten sie eine Notfallsitzung der Distrikt NGOs und bildeten ein Netzwerk um die Hilfe zu optimieren. Je nach dem Ausmaß der Zerstörung durch den Tsunami teilten sie die Distrikts in 6 verschiedene Zonen auf 1. Kanzakumari 2.Nagercoil 3.Colatchal 4. Muttam 5. Thuckalay, und 6. Enayam. In jeder Zone wurden 5 bis 8 NGOs die Verantwortung für ihren Tätigkeitsbereich übertragen. Alle 6 durch NGOs verwaltete Zonen

stehen unter der Aufsicht Komitees HEAL und KSSS (Kottar Social Service Society). Jede Zone wird in täglichen Meetings von einem Vorsitzenden vertreten. Nach der Sitzung am 28.Dezember wurde der Regierung ein Bericht über die Situation der geleisteten ersten Hilfe zur Kenntnisnahme vorgelegt. Dieser Bericht soll der Distrikt-Verwaltung den großen Bedarf an erster Hilfe und Maßnahmen zur Seuchenbekämpfung, sowie medizinische Hilfe, Trinkwasser, Elektrizität und die schnelle Identifikation von Vermissten und Toten nahe bringen. Ein besonderer Schwerpunkt wurde auch auf die Zusammenarbeit zur Linderung der Schäden gelegt. Das Netzwerk der NGOs hat daher beschlossen einen Kanyakumari Tsunami Relief Fund zu gründen.

Die Regierung sollte ihre Hilfe auf rehabilitative Gemeinschaftsunterkünfte ausdehnen. Eine rehabilitative Gemeinschaftsunterkunft sollte auch eine psychologische Betreuung beinhalten. Den Kindern sollte geholfen werden mit dem Stress dem sie ausgesetzt sind, fertig zu werden, indem man sie physisch und mental in Spielen und kreativem Denken fördert.

Eine gut organisierte und koordinierte Bestandsaufnahme ergab bisher folgende Statistik

(Anfang Januar 2005):

  • offizielle Tote - 862
  • vermutliche Todesopfer - 1500
  • Vermisste - 1000
  • betroffenen Familien - 2000
  • zerstörte Behausungen – mehr als 1000
  • insgesamt Betroffene - 40000 (in 60 Heimen untergebracht)
  • bisher nicht aufgenommene aber Betroffene - 10000